15. - 16. Oktober

„Siehe, zu segnen ist mir befohlen!“ 4.Mose 23,20

 

Balak, der König der Moabiter, fürchtete sich sehr. Es heißt sogar: „Den Moabitern graute vor den Israeliten.“ Dieses Volk schien übermächtig zu sein und durch nichts aufzuhalten. Die Amoriter waren vernichtend geschlagen worden, weil sie den Israeliten den Durchzug durch ihr Gebiet verweigert hatten. Daher wusste Balak, dass er gegen dieses Volk im offenen Streit keine Chance hatte. So suchte er schließlich einem anderen Weg, um die Israeliten zu schwächen und zu überwältigen. Es wird uns berichtet: „Und er sandte Boten aus zu Bileam, dem Sohn Beors, nach Petor, das am Euphrat liegt, ins Land der Söhne seines Volks, um ihn herbeizurufen, und ließ ihm sagen: Siehe, es ist ein Volk aus Ägypten gezogen, das bedeckt das ganze Land und lagert mir gegenüber. So komm nun und verfluche mir das Volk, denn es ist mir zu mächtig; vielleicht kann ich's dann schlagen und aus dem Lande vertreiben; denn ich weiß; wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht.“

Nachdem Bileam die Boten Balaks empfangen und ihr Anliegen gehört hatte, erbat er sich eine Bedenkzeit, in der er Gott befragen wollte. Die Antwort des „Hüters Israel“ war klar und unmissverständlich: „Geh nicht mit ihnen, verfluche das Volk auch nicht; denn es ist gesegnet.“

Am nächsten Morgen sagte Bileam zu den Fürsten der Moabiter: „Geht hin in euer Land; denn der Herr will's nicht gestatten, dass ich mit euch ziehe.“

Doch mit dieser Antwort wollte sich Balak nicht zufriedengeben. So sandte er noch mächtigere und angesehenere Männer zu Bileam, durch die er ihm sagen ließ: „Wehre dich doch nicht dagegen, zu mir zu ziehen; denn ich will dich hoch ehren, und was du mir sagst, das will ich tun; komm doch und verfluche mir dies Volk.“

Obgleich Bileam Gottes Antwort kannte, fragte er ihn ein weiteres Mal. Gott sah den brennenden Wunsch Bileams, unbedingt zu Balak zu ziehen, weshalb er es ihm schließlich erlaubte. Sein Befehl aber lautete: „Doch nur was ich dir sagen werde, sollst du tun.“

Als Bileam am nächsten Morgen frohgemut seinen Esel sattelte und sich auf den Weg machte, ergrimmte der Herrn über dessen Halsstarrigkeit, denn wir lesen: „Aber der Zorn Gottes entbrannte darüber, dass er hinzog. Und der Engel des Herrn trat ihm in den Weg, um ihm zu widerstehen. Er aber ritt auf seiner Eselin, und zwei Knechte waren mit ihm. Und die Eselin sah den Engel des Herrn auf dem Wege stehen mit einem bloßen Schwert in seiner Hand. Und die Eselin wich vom Weg ab und ging auf dem Felde; Bileam aber schlug sie, um sie wieder auf den Weg zu bringen. Da trat der Engel des Herrn auf den Pfad zwischen den Weinbergen, wo auf beiden Seiten Mauern waren. Und als die Eselin den Engel des Herrn sah, drängte sie sich an die Mauer und klemmte Bileam den Fuß ein an der Mauer, und er schlug sie noch mehr. Da ging der Engel des Herrn weiter und trat an eine enge Stelle, wo kein Platz mehr war auszuweichen, weder zur Rechten noch zur Linken. Und als die Eselin den Engel des Herrn sah, fiel sie in die Knie unter Bileam. Da entbrannte der Zorn Bileams, und er schlug die Eselin mit dem Stecken. Da tat der Herr der Eselin den Mund auf, und sie sprach zu Bileam: Was habe ich dir getan, dass du mich nun dreimal geschlagen hast?“

Angesichts des zu erwartenden Lohnes war die Sicht Bileams getrübt. Deshalb konnte er den Engel des Herrn, der sich ihm in den Weg stellte, auch nicht sehen. Allein der Blick seines Esels war klar, sodass der erkennen konnte, wer ihnen auf dem Weg entgegentrat. Verständlich also, dass das Tier nicht weitergehen wollte. Als Bileam jedoch mehrmals zornig auf seinen Esel einschlug, begann der plötzlich mit menschlicher Stimme zu reden und sich über die ungerechte Behandlung zu beschweren. Bileam war so in Rage, dass es ihn nicht überraschte, als sein Esel plötzlich zu reden begann. Sein Blick war unverwandt auf den eingeschlagenen Weg gerichtet! Erst als der Herr auch ihm die Augen öffnete und er den Engel mit einem Schwert in der Hand vor sich stehen sah, fiel er auf sein Angesicht.

„Warum hast du deine Eselin nun dreimal geschlagen? Siehe, ich habe mich aufgemacht, um dir zu widerstehen; denn dein Weg ist verkehrt in meinen Augen.“

Danach versuchte Balak noch dreimal, Bileam dazu zu bewegen, dem Volke Israel zu fluchen, doch jedes Mal wendete der Herr den ausgesprochenen Fluch in einen Segen, sodass Bileam schließlich sagen musste: „Wie soll ich fluchen, dem Gott nicht flucht? Wie soll ich verwünschen, den der Herr nicht verwünscht? ... Siehe, zu segnen ist mir befohlen; er hat gesegnet, und ich kann's nicht wenden. Man sieht kein Unheil in Jakob und kein Verderben in Israel. Der Herr, sein Gott, ist bei ihm, und es jauchzt dem König zu. Gott, der sie aus Ägypten geführt hat, ist für sie wie das Horn des Wildstiers.“

 

Die Kinder Israel waren zur Zeit ihrer Wanderschaft durch die Wüste nicht fehlerlos geblieben. Es gab sogar Vieles, das Gott zu bemängeln und zu kritisieren hatte. Und doch lautete sein Urteil: „Man sieht kein Unheil (Ungerechtigkeit) in Jakob und kein Verderben (Unrecht) in Israel.“

 

Bereits Abraham hatte der Herr verheißen: „Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen.“ Und durch den Propheten Sacharja ließ er sein Volk wissen: „Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel an." Deshalb war das Ansinnen Balaks nicht nur zum Scheitern verurteilt, das Unheil, das er über Israel bringen wollte, führte schließlich zum Niedergang seines eigenen Volkes, denn Bileam verkündigte ihm: "Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn, aber nicht von nahem. Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter.“

 

Die Geschichte Balaks und Bileams lehrt uns, mit den Verfehlungen derer, die Christus angehören, sorgsam umzugehen. Warum? Weil Gottes Volk ein gesegnetes Volk ist! Unser himmlischer Vater, wenn er uns ansieht, erkennt nichts, was einen Fluch rechtfertigen würde, denn es war sein geliebter Sohn, der „zum Fluch wurde für uns“. Mehr noch: Gott sieht etwas, was unseren Augen nur allzu oft verborgen ist: Er sieht uns in Christus!

Auch als Paulus an die Gläubigen in Korinth schrieb, gab es Vieles, das er zu bemängeln und zu tadeln hatte. Doch der Apostel war sich auch der Tatsache bewusst, wer seine Adressaten waren, nämlich „Geheiligte in Christus Jesus“ und „berufene Heilige“.

 

Es kann durchaus sein, dass wir einen Gläubigen oder eine ganze Gemeinde auf ein Fehlverhalten hinweisen müssen, getreu den Worten Jesu: „Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht.“ Doch wir dürfen dabei nie vergessen, wen wir zurechtweisen. Zwischen dem Wunsch, einem Bruder zurechtzuhelfen und harter, unbarmherziger Kritik liegen oftmals nur wenige Schritte. Über den Heiligen, die Christus angehören, dürfen wir keinen Fluch aussprechen. Wir können sie nur segnen und ihnen wohltun. Deshalb schrieb Paulus an die Gläubigen zu Rom: „Segnet, und flucht nicht.“ Auch Petrus ermutigte die Gläubigen mit den Worten: „Segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, dass ihr den Segen ererbt.“

 

Wenn wir die Gemeinde Jesu oder einzelne Glieder des Leibes Christi kritisieren und verurteilen, dann berühren wir dabei immer auch Christus selbst, das Haupt der Gemeinde, der sein Leben für sie hingegeben hat, um sie zu reinigen und zu heiligen und der inmitten seiner Gemeinde wohnt und wandelt.

Wir sollten keine Experten im Aufdecken von Fehlern sein, sondern Menschen segnen, indem wir sie mit Christus vertraut machen.

 

Siehe, zu segnen ist dir befohlen!

 

4.Mose 21,21-24,25; Ps.121,4; Gal.3,13; 1.Mose 12,3; Sach.2,12; 1.Kor.1,2; Lk.17,3; Röm.12,14; 1.Petr.3,9; Eph.5,25-27; Offb.1,12-13+20

 
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