„So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus“ Römer 6,11
David war auf der Flucht. Saul, der König Israels, verfolgte ihn unbarmherzig und hartnäckig. Schließlich gab es für den Sohn Isais keinen Ort mehr, an dem er sicher fühlen konnte. Erschwerend kam noch hinzu, dass David nicht allein unterwegs war. Etwa sechshundert Männer hatten sich ihm angeschlossen, darunter viele, die wie er in Not waren oder Unrecht erlitten hatten. Nun war er ihr Anführer. Es war keine einfach Aufgabe, für eine so große Schar hungriger Mägen zu sorgen, besonders jetzt nicht, wo sie die Wüste Maon durchwanderten.
Nicht weit von ihnen entfernt lebte ein Mann mit Namen Nabal, den solche Überlegungen nicht plagten. Er war reich und musste sich um seinen Lebensunterhalt nicht sorgen. Wer ihn jedoch zum Vorgesetzten hatte, den konnte man nur bedauern, denn die Bibel sagt: „der Mann war roh und boshaft in seinem Tun.“ Einer seiner Knechte bezeugte sogar: „Er ist ein heilloser Mensch, dem niemand etwas zu sagen wagt.“ Ein sturer Kopf also, grob und eigensinnig. Es wird uns weiter berichtet, dass Nabal verheiratet war. Seine Frau hieß Abigajil und war „eine Frau von Verstand und schön von Angesicht“. Wie, so fragt man sich, konnten zwei so grundverschiedene Menschen unter einem Dach leben und eine Ehe führen?
Das Leben der Eheleute wäre wahrscheinlich weiterhin mehr schlecht als recht verlaufen, wäre nicht David in ihre Gegend gekommen. Dadurch aber begannen sich die Ereignisse dramatisch zuzuspitzen.
David und seine Gefolgsleute waren hungrig, weshalb sie beschlossen, Nabal um einige Lebensmittel zu bitten. Dabei musste der Sohn Isais nicht wie ein Bettler auftreten, denn es gab eine Vorgeschichte, die ihm die Tür im Haus des wohlhabenden Karmeliters hätte weit öffnen müssen. Wir lesen: „Als nun David in der Wüste hörte, dass Nabal seine Schafe schor, sandte er zehn seiner Leute aus und sprach zu ihnen: Geht hinauf nach Karmel und wenn ihr zu Nabal kommt, so grüßt ihn freundlich in meinem Namen und sprecht zu meinem Bruder: Friede sei mit dir und deinem Hause und mit allem, was du hast! Ich habe gehört, dass du Schafschur hast. Nun, deine Hirten sind mit uns zusammen gewesen; wir haben ihnen nichts zuleide getan, und sie haben nichts vermisst, solange sie in Karmel gewesen sind. Frage deine Leute danach, die werden's dir sagen. Und lass meine Leute Gnade finden vor deinen Augen, denn wir sind an einem Festtag gekommen. Gib deinen Knechten und deinem Sohn David, was du zur Hand hast.“
Nabals Antwort jedoch war schroff und abweisend, denn er sagte: „Wer ist David? Und wer ist der Sohn Isais? Es gibt jetzt viele Knechte, die ihren Herren davongelaufen sind. Sollt ich mein Brot und mein Wasser nehmen und mein Fleisch, das ich für meine Scherer geschlachtet habe, und Leuten geben, von denen ich nicht weiß, wo sie her sind?“
Als man David die Antwort Nabals übermittelte, wurde er sehr zornig und sprach zu seinen Männern: „Gürte sich ein jeder sein Schwert um!“ Kurze Zeit später näherten sich dem Anwesen Nabals etwa vierhundert bewaffnete Männer, fest entschlossen, ihm seine Bosheit und Ungerechtigkeit heimzuzahlen.
Abigajil hatte inzwischen erfahren, was geschehen war und wie ihr Mann die Boten Davids angeschrien, verhöhnt und mit leeren Händen davongejagt hatte. Sie zögerte keinen Moment: Was sie an Essbarem fand, lud sie auf einige Esel, nämlich zweihundert Brote und zwei Krüge Wein, fünf zubereitete Schafe und fünf Maß Röstkorn, dazu hundert Rosinenkuchen und zweihundert Feigenkuchen, um damit David entgegenzueilen. Bei ihm angekommen, fiel sie vor ihm nieder und sprach: „Ach, mein Herr, auf mich allein falle die Schuld! Lass deine Magd reden vor deinen Ohren und höre die Worte deiner Magd! Mein Herr errege sich nicht über Nabal, diesen heillosen Menschen; denn wie sein Name, so ist er: er heißt 'Tor', und Torheit ist bei ihm. Ich aber, deine Magd, habe die Leute meines Herrn nicht gesehen, die du gesandt hast. Nun aber, mein Herr, so wahr der Herr lebt und so wahr du lebst: der Herr hat dich davor bewahrt, in Blutschuld zu geraten und dir mit eigener Hand zu helfen. So sollen deine Feinde und alle, die meinem Herrn übelwollen, wie Nabal werden! Hier ist die Segensgabe, die deine Magd meinem Herrn gebracht hat; das soll den Leuten gegeben werden, die meinem Herrn folgen. Vergib deiner Magd die Anmaßung! Der Herr wird meinem Herrn ein beständiges Haus bauen, denn du führst des Herrn Kriege. Es möge nichts Böses an dir gefunden werden dein Leben lang ... Wenn dann der Herr meinem Herrn all das Gute tun wird, was er dir zugesagt hat, und dich zum Fürsten bestellt hat über Israel, so wird das Herz meines Herrn frei sein von dem Anstoß und Ärgernis, dass du unschuldiges Blut vergossen und dir selber geholfen habest.“
David war tief beeindruckt, als er die Worte der Frau hörte und sprach: „Wahrlich, so wahr der Herr, der Gott Israels lebt, der mich davor bewahrt hat, übel an dir zu tun; währest du nicht eilends mir begegnet, so wäre dem Nabal bis zum lichten Morgen nicht einer, der männlich ist, übriggeblieben.“
Danach kehrte Abigajil in ihr Haus zurück, wo sie ihren Mann bei einem Festmahl antraf. Die Bibel berichtet uns: „ … und sein Herz war guter Dinge, und er war sehr betrunken. Sie aber sagte ihm nichts, weder wenig noch viel, bis an den lichten Morgen. Als es aber Morgen geworden war und die Betrunkenheit von Nabal gewichen war, sagte ihm seine Frau alles. Da starb sein Herz in seinem Leibe, und er ward wie ein Stein. Und nach zehn Tagen schlug der Herr den Nabal, dass er starb. Als David hörte, dass Nabal tot war, sprach er: Gelobt sei der Herr, der meine Schmach gerächt hat an Nabal und seinen Knecht abgehalten hat von einer bösen Tat! Der Herr hat dem Nabal seine böse Tat auf seinen Kopf vergolten. Und David sandte hin und ließ Abigajil sagen, dass er sie zur Frau nehmen wolle. Und als die Knechte Davids zu Abigajil nach Karmel kamen, redeten sie mit ihr und sprachen: David hat uns zu dir gesandt, dass er dich zur Frau nehme. Sie stand auf und fiel nieder auf ihr Angesicht zur Erde und sprach: Siehe, deine Magd ist bereit, den Knechten meines Herrn zu dienen und ihre Füße zu waschen. Und Abigajil machte sich eilends auf und setzte sich auf einen Esel, und ihre fünf Mägde gingen hinter ihr her. Und sie zog den Boten Davids nach und wurde seine Frau.“
Nabal und Abigajil, zwei Menschen, die durch den Bund der Ehe – und somit auch vor Gott – untrennbar miteinander verbunden sind. In der Unterschiedlichkeit ihrer Charaktere verkörpern beide die widersprüchliche Natur des Menschen: Nabal symbolisiert das Böse, das in uns wohnt. Ein Teil unserer menschlichen Natur ist selbstsüchtig und widerwärtig, dazu grob und erschreckend uneinsichtig. Daran erinnerte Jesus als er sagte: „Aus dem Herzen kommen böse Gedanken“. „Nabal“ duldet keinen Widerspruch. Mit ihm kann man nicht diskutieren. Neben seine eigene Meinung lässt er nichts anderes gelten. Daran wird er festhalten, auch wenn das, was er für wahr erachtet, falsch ist. Was die Not anderer betrifft, so lässt sie ihn völlig kalt. Menschen, die zu ihm kommen und ihn um Hilfe bitten, stellt er bloß und schickt sie mit leeren Händen fort. Während andere leiden, feiert er ein Fest. Er lebt nur für seinen Bauch und ist genusssüchtig. Das, was außerhalb seines eigenen, kleinen Horizonts geschieht, interessiert ihn nicht. Selbstgefällig sonnt er sich im eigenen Licht, das in Wahrheit doch nur Finsternis ist. „Nabal“ ist unfähig, das Gute zu erkennen, weshalb er denen, die ihm einen Dienst erwiesen haben, keinen Dank und keine Anerkennung aussprechen kann. Was seine Einschätzung und Beurteilung Davids betrifft, so irrt er sich gewaltig, ja, er lebt sogar in der Lüge, denn der Sohn Isais ist keineswegs ein entflohener Knecht, sondern, wie Abigajil richtig erkannt hat, der Mann, der Gottes Kriege führt. Mehr noch, ihn hat der Höchste erwählt und gesalbt, dass er der Fürst sei über sein auserwähltes Volk.
Abigajil hingegen verkörpert die positive, liebliche und angenehme Seite unserer menschlichen Natur. Wenn wir jedoch behaupten wollen, sie repräsentiert das Gute im Menschen, dann belehrt uns Jesus und sagt: „Niemand ist gut als Gott allein!“, womit er deutlich macht, dass es keinen Menschen gibt, der in der „Ehe mit Nabal“ rein und unschuldig geblieben ist, weshalb die Schrift auch sagt: „Sie sind alle abgewichen und allesamt verdorben. Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer.“ Obwohl Abigajil in der Tiefe ihres Herzen verabscheut, was ihr Mann treibt, musste sie doch für seine Taten gerade stehen. Hätte David das Haus Nabals angegriffen, wäre auch seine Frau zu Schaden gekommen.
Es ist die Natur der Sünde und des Todes, die in uns wirkt und uns Dinge tun lässt, die wir im Grunde unseres Herzens verabscheuen. Und nur der Tod kann diese unselige Verbindung beenden!
Erkennst du „Nabals“ Wesenszüge in deinem eigenen Leben? Leidest du unter der Macht der Sünde und des Todes? Tust du Dinge, die du in der Tiefe deines Herzens verabscheust? Bist du dir aber auch der Tatsache bewusst, dass du diese Herrschaft nicht aus eigener Kraft beenden kannst? Dann stehst du nicht allein, denn auch der Apostel Paulus litt sehr unter der Dominanz „Nabals“, denn er sagte: „Ich weiß, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein Gesetz in meinen Gliedern, das widerstrebt dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.“
So wie du, sehnte sich auch Paulus nach einem Leben in Reinheit und Gerechtigkeit. Doch während er sich bemühte, Gottes Geboten zu entsprechen, erkannte er, dass in ihm eine Natur wirkte, die seine guten Absichten immer wieder zunichtemachte und ihn dazu trieb, das zu tun, was ihm verhasst war. Ein Mensch aber, der das Gegenteil von dem tut, was er eigentlich will, befindet sich in einer verzweifelten Lage, weshalb Paulus auch sagte: „Ich elender Mensch!“ Dann aber fragte er: „Wer wird mich erlösen von dem todverfallenen Leibe?“
Ja, wer kann dich und mich aus der Umklammerung „Nabals“ erretten?
Das Bekenntnis des Paulus ist ein Jubelschrei, der durch Raum und Zeit hallt und auch an unser Ohr dringt! Paulus lässt uns wissen, wem er seine Befreiung von „Nabel“ verdankt, wer ihn von der Macht der Sünde und des Todes erlöst hat. Er sagt: „Ich danke Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn!“
David ist ein Sinnbild auf Jesus Christus, den Sohn Gottes. Ihn hat der Vater gesandt, „dass er die Werke des Teufels zerstöre“. Nur Jesus kann zurückbringen, was verloren gegangen ist. Ohne sein Erlösungswerk hätte „Nabal“ dich und mich in den Abgrund gerissen.
Als Abigajil hörte, dass der Gesalbte Gottes in ihrer Nähe war, zögerte sie keinen Augenblick. Unverzüglich sattelte sie ihren Esel und ritt David entgegen. So auch wir: Immer und zu jeder Zeit sollten wir unserem Retter entgegeneilen und ihm unser Herz zuwenden. Deshalb ist er uns so nahe gekommen! Seine Gegenwart verheißt uns Befreiung von „Nabal“, denn die Schrift sagt: „Lebt im Geist, so werdet ihr die Begierden des Fleisches nicht vollbringen.“
Abigajil diskutierte nicht mit ihrem Mann. Fehleinschätzungen und Selbstherrlichkeit haben unsere gefallene Natur trunken gemacht. Gewiss, ab und zu wird „Nabal“ Besserung geloben, doch seine Gesinnung kann er nicht ändern. Nabal muss sterben! Deshalb hat Gott unseren alten Menschen mit Christus gekreuzigt! Auf Golgatha wurde die Natur der Sünde gerichtet! Jetzt sind wir frei, einem anderen anzugehören! Deshalb sagt die Schrift: „Wer gestorben ist, der ist frei von der Sünde ... So auch ihr, haltet euch dafür, dass ihr der Sünde gestorben seid und lebt Gott in Christus Jesus.“
Wenn dir „Nabal“ heute zu schaffen macht und dich die Sünde, die in dir wohnt, reizt und lockt, dann leiste ihr keinen Gehorsam. Du musst dieser verderblichen Natur nicht untertan sei. Ein Größerer ist gekommen und bietet dir seine Errettung an!
Diskutiere nicht mit „Nabal“. Versuche nicht, dich selbst zu verbessern! Wende dein Herz Jesus zu! Eile ihm innerlich entgegen! Lade ihn ein, deine Gedanken, deine Empfindungen, dein Tun und Trachten mit sich selbst zu durchdringen.
Christus ist dein Leben, und du bist der Sünde gestorben! Eins mit ihm wird sie nicht über dich herrschen können! Dein Leben ist mit Christus in Gott verborgen. Und während du seine Schönheit betrachtest, legst du ab: „Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte“. Gleichzeitig aber ziehst du an: „herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld“.
So erfährst du den Frieden Christi, zu dem du berufen wurdest. Und weil er in deinem Herzen wohnt und darin regiert, wirst du voller Dankbarkeit sein.
Nachdem Gott den Nabal gerichtet hatte, berichtet uns die Schrift: „Und David sandte hin und ließ Abigajil sagen, dass er sie zur Frau nehmen wolle.“
Auch für uns wird der Tag kommen, an dem uns Christus als seine Braut heimführen wird. Wir werden ewiglich mit ihm vereint sein! Welche Herrlichkeit erwartet uns!
1.Sam. 22,2; 25,1-42; Mt.15,19; Lk.18,19; Röm.3,12; Röm.7,2-6.15-25; Gal.5,16.24; Röm.8,12-13; 6,11; 5,17; Kol.3,1-9.12-15; Offb.19,6-7