1. - 2. Juli

„Aber auf dein Wort.“ Lukas 5,5

 

Es ist Morgen am See Genezareth. Simon Petrus, ein Fischer, ist damit beschäftigt, sein Netz zu säubern. Sein Boot hat er am Ufer fest vertäut, und es sind die letzten Handgriffe, die zu erledigen sind, bevor er nach Hause gehen kann, um seine müden Glieder auszustrecken.

Die Nacht war überaus enttäuschend verlaufen. Stunde um Stunde hatte er sich abgemüht, hatte das Netz ausgeworfen und es wieder eingeholt – vergebens. Das Netz blieb leer.

Jetzt will er nur noch eins: sich schlafen legen und die vergangene Nacht hinter sich lassen, die so frustrierend für ihn war. Vergessen wird er sie nicht können, denn die Tatsache, dass sein Netz leer geblieben ist, lässt auch ihn leer ausgehen. Ohne Fang – kein Verdienst. Ohne Verdienst aber gibt es nichts, womit er sich und seine Familie ernähren kann.

 

Während Petrus noch mit seinem Missgeschick hadert, sieht er, wie sich eine Menschenmenge um einen Mann drängt. Es ist Jesus, der im Zentrum des Interesses steht. Viele wollen ihn sehen und hören, was er zu sagen hat.

Dann geschieht etwas, womit Petrus nicht gerechnet hat. Jesus tritt in sein Boot und bittet ihn, ein wenig vom Ufer wegzufahren, damit er zur Volksmenge sprechen kann. Obwohl Petrus in diesem Moment müde ist und nach Hause will, kommt er der Bitte Jesu nach. Während seine Gedanken zunächst noch bei dem leeren Netz weilen, tropfen die Worte Jesu schließlich wie heilsame Medizin in sein Herz hinein, in ein Herz, das eben noch mit anderen Dingen beschäftigt war.

 

Auch wir sind Tag für Tag bemüht, unser „Netz“ auszuwerfen und zu füllen. Einerseits ist es unser Broterwerb, dem wir die meiste Zeit unseres Lebens widmen. Andererseits trachten wir unentwegt nach Anerkennung, verlangen nach Liebe, suchen Zufriedenheit und Lebensfreude. Bleibt unser „Netz“ leer, sind wir unerfüllt und unzufrieden. So erleben wir immer wieder, was auch Petrus an jenem Morgen erlebte: Trotz all unserer Bemühungen finden wir in unserem „Netz“ nicht das, was wir erhofft haben und wonach wir uns sehnen. Deshalb begegnen wir überall Menschen, deren Hoffnungen sich nicht erfüllt haben. Menschen, die zufrieden sind und deren Herz von Dankbarkeit erfüllt ist, trifft man leider nur sehr selten.

 

Woran liegt es, dass sich unsere Erwartungen zumeist nicht so erfüllen, wie wir es erhofft haben? Warum sind wir oftmals so unzufrieden? Warum bleibt unser Herz leer und, trotz all unserer Bemühungen, ohne Freude, ohne Frieden, ohne innere Zufriedenheit?

 

Wer die Bibel liest und ein aufrichtiges Herz besitzt, der wird erkennen, dass die Ursache unseres unerfüllten Lebens einzig und allein darin zu finden ist, dass wir nicht in beständiger Gemeinschaft mit Gott leben. Wir mögen uns unserer Freiheit und Eigenständigkeit in vielen Bereichen unseres Lebens rühmen, doch jeder Tag, den wir unabhängig von Christus erleben, ist ein Tag, an dem unser „Netz“ nicht das beinhaltet, was uns Gott in seiner Liebe schenken will. So gleichen wir einem Schaf, das sich vom Hirten entfernt hat und seinen eigenen Weg geht. Davon spricht Gottes Wort, denn wir lesen: „Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg.“

 

Haben wir bei allem, was wir tun, Christus vor Augen? Darf unser Herr und Retter mitreden, wenn wir Pläne entwerfen und Entscheidungen treffen? Sind unsere Gedanken das Ergebnis unserer Gemeinschaft mit Jesus? Erlauben wir ihm, dass er sich unseren Gefühlen und Empfindungen hinzufügt? Geschieht das, was wir tun, in Einheit mit Jesus oder handeln wir eigenständig und unabhängig von ihm?

Die Schrift sagt: „Alles, was ihr tut, mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.“ Im Namen des Herrn zu reden oder zu handeln, bedeutet, Christus in unser Denken, Fühlen und Wollen einzubeziehen. Das aber ist nur möglich, wenn wir beständig danach trachten, mit ihm in engster Gemeinschaft zu leben.

Nur wenn wir in Einheit mit Christus leben, wandeln wir gemäß unserer göttlichen Berufung, denn wir lesen: „Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.“ Weil wir nach Gottes Ebenbild geschaffen wurden und erwählt sind, sein Gegenüber zu sein, können wir unsere Erfüllung und wahre Zufriedenheit nur in inniger Gemeinschaft mit ihm finden – nicht getrennt von ihm. Deshalb sagt Jesus: „Ohne mich könnt ihr nichts tun.“

 

Nachdem Jesus seine Rede beendet hatte, wandte er sich an Petrus und sagte: „Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus.“

 

Petrus war sicherlich überrascht, als er diese Aufforderung hörte. Wer war der Experte im Fischfang – er oder Jesus? Wer hatte die größten Erfahrungen in diesem Metier? Wer war es, der die ganze Nacht vergeblich gefischt hatte? Und übrigens: Kein Fischer fuhr aufs Meer hinaus, um das Netz auszuwerfen, wenn die Sonne hoch am Himmel stand. Wie also durfte Petrus in dieser Stunde damit rechnen, einen Fang zu tun? Daher wagte er einen Einwand und sagte: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen.“

 

Was dann geschah, hätte Petrus nicht in seinen kühnsten Träumen zu hoffen gewagt.

 

„Auf dein Wort!“

Veränderungen zum Guten und Besseren, die Gott in unserem Leben bewirken will, können nur geschehen, wenn wir den Worten Jesu glauben. Messen wir hingegen unseren eigenen Gedanken und Ideen größere Beachtung bei, werden wir die Wunder Gottes nicht sehen.

Bleibende Veränderung erfahren wir nur, wenn wir das „Wort Christi reichlich in unserem Herzen wohnen lassen.“ Denn wie können wir an seiner Fülle teilhaben, wenn wir seinen unausforschlichen Reichtum nicht kennen? So, und nur so, kann unser „Netz“ gefüllt werden.

 

Jeder, der der Empfehlung Gottes folgt und ihm vertraut, wird erfahren, dass sein Wort wahr ist und dass er hält, was er verspricht. So geschah es auch an jenem Morgen am See Genezareth. Petrus lauschte den Worten Jesu und nahm sie in sein Herz auf. Dann schenkte er der Aufforderung des Herrn Vertrauen. Und obwohl es der menschlichen Logik und seinen eigenen Erfahrungen völlig widersprach – fuhr er hinaus.

 

Als Petrus danach die vielen Fische sah, die sie gefangen hatten, war er tief betroffen. Die Netze begannen zu reißen. Am Ende war ihr Boot so beladen, dass es zu sinken drohte. Petrus und jene, die mit ihm waren, mussten ihren Gefährten winken, die im anderen Boot waren, um die Fülle einbringen zu können. So etwas hatte Petrus noch nie zuvor erlebt – und das am Ende einer so erfolglosen Nacht. Und noch dazu am helllichten Tag. Unbegreiflich!

 

Folge Jesus nach, nicht deiner eigenen Logik. Gib dich nicht mit seichtem „Kielwasser“ zufrieden, sondern „fahre täglich hinaus“ und lass dich von Gottes Geist in die Tiefen der Gottheit führen.

Es ist Gottes Ziel, uns immer mehr mit Christus eins zu machen, damit wir seine Fülle empfangen und durch ihn leben können. Aus diesem Grund hat uns Gott, der Vater, an dem Gesalbten befestigt und uns gesalbt. Wir sollen das Wesen und die Natur Jesu Christi widerspiegeln und ihn zum Ausdruck bringen.

Damit dies geschehen kann, hat Gott uns, die Gläubigen, in Christus hinein versetzt und ihn zu unserer Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung gemacht. In ihm, dem geliebten Sohn des Vaters, wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Wir aber wurden zu dieser Fülle gebracht, um fortwährend daran teilnehmen zu können. Als Teilhaber des Neuen Bundes ist es unser Vorrecht, dass wir jederzeit und an jedem Ort unser „Netz“ auswerfen und aus der Fülle Christi nehmen können – Gnade um Gnade, zu Gottes Lob und zu seiner Ehre.

Jeder aber, der an der Fülle Christi teilhaben will, muss einen Preis bezahlen: Er muss seine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit aufgeben und bereit sein, in Einheit mit Christus zu leben und zu wandeln.

 

Die Fische waren nicht weit entfernt, Petrus musste sein Netz nur auswerfen. So verhält es sich auch mit der Fülle Christi! Sie ist uns so nahe, dass wir sie jederzeit ergreifen können – die Kraft seiner Auferstehung, die Frucht des Geistes, der Friede Christi, seine Gerechtigkeit, seine überfließende Liebe, sein Glaube, seine Sanftmut, seine Demut – Tugenden, die wir wie ein Kleidungsstück anziehen können, zu jederzeit, wann immer wir daran Mangel haben oder uns danach sehnen.

 

Was willst du tun? Dich weiterhin mit deinem Netz beschäftigen und dem Traum von einem großen Fischzug nachjagen, der sich so nie erfüllen wird? Oder wirst du der Aufforderung Jesu folgen, der zu dir sagt: „Fahre hinaus, wo es tief ist!“ Lass alles Seichte dahinten. Vergiss, was dich gefangen nehmen und dir Christus verhüllen will. Es gibt für dich Wichtigeres zu erfahren, Größeres zu erkennen! Jesus ist da. Er will sich dir hinzufügen! Du sollst aus seiner Fülle nehmen. Gerade jetzt!

 

Jes.53,6a; Kol.3,17; 1.Kor.1,9; Jh.15,5; Kol.3,16; Spr.3,5; 1.Kor.2,10-12; 2.Kor.1,21; Röm.8,29; 1.Kor.1,30; Kol.2,9-10; Jh.1,16; Kol.3,12

 
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