1. - 2. Mai

„Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar.“ 1.Petrus 2,4

 

Wenn man von fremden Menschen ausgenutzt oder betrogen wurde, erinnert man sich noch lange daran. Wie aber ist uns erst zumute, wenn wir von nahen Verwandten hintergangen werden? Jakob musste diese bittere Erfahrung machen – nicht nur einmal, sondern jahrelang.

Wir erinnern uns: Jakob kam auf der Flucht vor seinem Bruder Esau nach Mesopotamien, wo er in Haran bei seinem Onkel Laban Unterkunft und Arbeit fand. Laban war jedoch kein großzügiger und weitherziger Mensch, im Gegenteil, er erwies sich als berechnend und verschlagen. Er scheute auch nicht davor zurück, Jakob zu betrügen. So ließ er seinen Neffen sieben Jahre lang für sich arbeiten, um ihm dann, in der Hochzeitsnacht, seine älteste Tochter Lea zu geben. Vereinbart hatte er mit Jakob aber, ihn mit Rahel zu verheiraten, für die Jakob weitere sieben Jahre arbeiten musste. Nicht genug damit, musste Jakob jedes Tier bezahlen, das ihm gestohlen oder von wilden Tieren getötet wurde. Und was seinen Arbeitslohn betraf, so wurde dieser von Laban zehnmal verändert.

Können wir erahnen, wie es ihm Herzen Jakobs aussah?

Nachdem Jakob zwanzig Jahre lang für seinen Onkel hart und entbehrungsreich geschuftet hatte, kam schließlich der Tag, an dem er seine Sachen packte, um in seine Heimat zurückzukehren. Da Laban jedoch davon überzeugt war, dass alles, was Jakob besaß, ihm gehörte, musste sich Jakob mit seinen Frauen, Kindern und Mägden in der Nacht davonstehlen.

Als Laban erfuhr, dass Jakob verschwunden war, zog er ihm mit seinen Brüder nach, um ihn zur Rede zu stellen. Wer weiß, wie es Jakob ergangen wäre, hätte der Herr nicht in der Nacht im Traum zu Laban gesprochen und ihm befohlen: „Hüte dich, mit Jakob anders zu reden als freundlich.“

 

Es gibt viele, die nicht vergessen können, was ihnen ein anderer Mensch angetan hat. Sobald sie dem Betreffenden begegnen, ja, wenn sie auch nur an ihn denken, werden böse Erinnerungen wach. Hier hilft kein Verdrängen! Hier heilt auch die Zeit die Wunden nicht.

Doch bei dem Versuch, das Problem zu lösen, gehen wir zumeist einen Weg, der unweigerlich in die Sackgasse führt – wir möchten den, der uns Unrecht zugefügt hat, von seinem Fehlverhalten überzeugen. Gelingt dies nicht, wird das Zerwürfnis noch größer, der Graben noch tiefer.

 

Was taten Jakob und Laban, um ihren Streit zu beenden?

Die Schrift berichtet uns: „Da nahm Jakob einen Stein und richtete ihn auf zu einem Steinmal.“ Gleiches taten auch Laban und seine Begleiter; sie nahmen Steine und errichteten damit ein Steinmal, das an einen Bund erinnerte, den sie miteinander schlossen. Sie vereinbarten, wenn sie je wieder zu diesem Ort kämen, es ohne böse Absicht zu tun. Hier, an diesem Steinmahl sollte Gott, der Herr, über ihnen Wächter sein. Laban sagte: „Der Herr wache als Späher über mir und dir, wenn wir voneinander gegangen sind … Gott ist Zeuge zwischen mir und dir … Dieser Steinhaufe sei Zeuge …, dass ich nicht an diesem Haufe vorüberziehe zu dir hin oder du vorüberziehst zu mir hin … in böser Absicht! Der Gott Abrahams und der Gott Nahors sei Richter zwischen uns.“

Nachdem der „Steinbund“ geschlossen worden war, setzten sich alle Beteiligten zusammen, um gemeinsam zu essen. Am nächsten Morgen ging man im Frieden auseinander.

 

Wer von Verletzungen geheilt werden und dauerhaft Frieden finden will, der muss den Weg wählen, den uns Gott – der Gott des Friedens – empfiehlt.

Zuerst einmal sollten wir bedenken, dass wir einen anderen Menschen nicht ändern können – das kann nur der lebendige Gott. Wir können aber dafür sorgen, dass unser eigenes Herz frei ist von Anklagen und Bitterkeit. Deshalb sagt Gottes Wort: „Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“

 

Was tat Gott, der Vater, um zwischen ihm und uns Frieden zu schaffen? Nachdem seine zahlreichen Ermahnungen, mit denen er uns zur Einsicht bringen und zur Umkehr bewegen wollte, fruchtlos geblieben waren, tat er etwas, womit keiner gerechnet hatte. Er richtete ein Zeichen auf, das für Zeit und Ewigkeit bestehen bleibt und für jeden weithin sichtbar ist: das Kreuz von Golgatha. Indem sich Jesus Christus, der Sohn Gottes, selbst für unsere Verfehlungen opferte, wurde er zu unserer Versöhnung und zu unserem Frieden.

Diese Tatsache ist für einen Christen nicht neu! Doch wie wird diese Wahrheit für uns zu einer erfahrbaren Wirklichkeit, die unser Herz freimacht von Groll und Bitterkeit?

Der Apostel Petrus schrieb: „Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar.“ Paulus nannte Jesus sogar den „Eckstein“ im Hause Gottes, ohne den kein geistlicher Aufbau und Zusammenhalt möglich ist.

 

Zwischen dem Zorn Labans über den Verlust seines Eigentums und den bitteren Vorwürfen Jakobs, der sich jahrelang ausgenutzt sah, stand ein unverrückbares Zeichen, das jeden Streit beendete. So wie Jakob und Laban zwischen sich einen Stein aufrichteten – ein Steinmahl, das sie an den Bund erinnerte, den sie miteinander geschlossen hatten, so musst auch du, wenn du dich nach innerem Frieden sehnst, zwischen dir und deinem Kontrahenten einen Stein aufrichten – den von Gott erwählten Stein!

Sobald du die Wunde gedanklich und emotional berührst, die dir ein anderer Mensch zugefügt hat, musst du „zu ihm (Jesus) kommen – zu dem lebendigen Stein“. So richtest du zwischen dir und dem Verursacher deines Zorns und deiner Schmerzen den lebendigen Stein auf – du erhöhst Jesus vor deinen Augen. Wenn du den gekreuzigten und auferstandenen Herrn anschaust, den, der um deinetwillen Schmach und Erniedrigung erduldet hat, wird es dir unmöglich sein, in Unversöhnlichkeit zu verharren. Im Einssein mit Christus, dem „Fürsten des Friedens“, muss dein Wunsch nach Rache und Vergeltung sterben.

 

Jakob und Laban hatten Gott selbst zum „Zeugen“ und „Späher“ eingesetzt, der über ihrem Steinbund wachen sollte. Damit hatten sie ihr eigenes Recht an einen Größeren abgetreten. Und das ist es, was auch wir tun, wenn wir Jesus zwischen uns und unseren Widersacher stellen. Wir nehmen das Recht nicht länger in die eigene Hand – wir treten es an den Herrn ab. Es ist nun nicht mehr an uns, Recht zu schaffen – Jesus, der gerechte Richter wird es tun – zu seiner Zeit, wenn er es für richtig hält. Damit folgen wir seinen Fußstapfen, denn die Schrift sagt: „Dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet“.

 

Wenn man bedenkt, dass Jakob von Laban sieben Tage lang verfolgt wurde, dann wird deutlich, dass uns der Schatten „Labans“ hartnäckig anhangen kann und wir ihm nicht in wenigen Stunden entfliehen können. Deshalb wird jeder, der den „Weg des Friedens“ gehen will, feststellen, dass er mitunter sehr steinig und beschwerlich ist. Der Friede, den wir ersehnen, heftet sich nicht einfach an unsere Versen. Nein! Wir müssen ihn suchen, ergreifen und bereit sein, unsere rachsüchtigen Gedanken zu kreuzigen. Deshalb fordert uns Gottes Wort auf: „Jagt dem Frieden nach mit jedermann …“ So bleibt nur eins: Wir müssen immer wieder zu Jesus kommen, dem „lebendigen Stein“ immer wieder aufrichten, so lange, bis „Labans“ Schatten nicht mehr über uns schwebt.

 

Gnade sei mit dir und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt!

 

1.Mose 29,25, 31,1-3.21-25.38-42.45-54; Mt.6,14-15; Röm.12,18; Eph.2,14-16+20-22; Apg.3,15a; Röm.3,17; 1.Petr.2,21-23; Hebr.12,14; Offb.1,4

 
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