„Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer.“ Hosea 6,6
Matthäus war völlig überrascht, als ihn Jesus, direkt von seinem Arbeitsplatz, in seine Nachfolge rief. Er, ein Zöllner und verhasster Geldeintreiber, dem kaum jemand Vertrauen schenken wollte, sollte ein Jünger Jesu werden? Man kann also verstehen, dass Matthäus voller Freude war, als ihn Jesus aufforderte, sich ihm anzuschließen. Doch bevor er alles verließ, um das nahende Reich Gottes zu verkündigen, wollte er Jesus in seinem Haus ein Mahl bereiten. Dazu lud er auch viele Freunde und Bekannte ein. So kam es, dass Jesus plötzlich Menschen gegenübersaß, auf die der überwiegende Teil der Bevölkerung nur geringschätzig herabschaute, die als Gauner und Betrüger galten und für die man kein freundliches Wort übrig hatte.
Als die Juden sahen, dass Jesus mit den Zöllnern an einem Tisch saß und sich mit ihnen unterhielt, waren sie empört und sagten zu seinen Jüngern: „Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern?“ Jesus, der diese Worte hörte, antwortete: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Geht aber hin und lernt, was das heißt: 'Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.' Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.“
Was empfand Gott, der Vater, als er seinen geliebten Sohn mitten unter den Zöllnern sitzen sah? War es ihm peinlich? Fürchtete er um sein Ansehen? Sah er sein Reich befleckt und verunreinigt? Im Gegenteil! Wie sehr freute sich Gott, dass er diesen Ausgestoßenen und Verlorenen sein Erbarmen zeigen konnte. Hier waren die Kranken und Bedürftigen, die seine heilende Hand brauchten. Sollte er sie ihnen verwehren? Nein! Hier konnte sich Gott als der erweisen, der er in Wahrheit ist, nämlich ein liebender Vater.
Dass Jesus mit Zöllnern an einem Tisch saß und freundlich mit ihnen redete, bedeutete jedoch nicht, dass er ihre Betrügereien billigte. Doch wie kann Gott die Herzen der Verlorenen gewinnen, wenn er ihnen nicht zuvor seine Barmherzigkeit und Liebe erweisen kann? Denen aber, die ihn wegen seiner Güte tadeln, sagte Jesus: „Geht hin und lernt, was das ist: 'Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer'.“
Nach dem Festmahl im Haus des Matthäus begab es sich, dass Jesus am Sabbat mit seinen Jüngern durch ein Kornfeld ging. Weil sie hungrig waren, rissen sie Ähren aus und aßen sie. Als das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu ihm: „Siehe, deine Jünger tun, was am Sabbat nicht erlaubt ist.“ Er aber antwortete ihnen: „Habt ihr nicht gelesen, was David tat, als ihn und die mit ihm waren hungerte? wie er in das Gotteshaus ging und aß die Schaubrote, die doch weder er, noch die bei ihm waren, essen durften, sondern allein die Priester? Oder habt ihr nicht gelesen im Gesetz, wie die Priester am Sabbat im Tempel den Sabbat brechen und sind doch ohne Schuld? Ich sage euch aber: Hier ist Größeres als der Tempel. Wenn ihr aber wüsstet, was das heißt: 'Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer', dann hättet ihr die Unschuldigen nicht verdammt. Der Menschensohn ist ein Herr über den Sabbat.“
Erneut erinnerte Jesus seine Zuhörer an das Wort, das Gott durch den Propheten Hosea geredet hatte. Warum? Weil die Pharisäer von ihren Mitmenschen Gehorsam und Hingabe forderten, ohne ihnen Gottes Barmherzigkeit und Liebe zu erweisen. Sie meinten, Gott sei zufriedengestellt, wenn man ihm Opfer darbringt und sich bemüht, seine Gebote zu befolgen. So bürdeten sie den Menschen schwere Lasten auf. Kam ein Zöllner und Sünder zu ihnen, so verlangten sie von ihm, dass er sein Leben änderte. Klopfte ein Hungriger und Bedürftiger an ihre Tür, so ermahnten sie ihn, das Sabbatgebot zu befolgen. Das alles taten sie, weil sie den lebendigen Gott nicht kannten, denn er sagt: „Ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer.“
Die Pharisäer, die seine Jünger tadelten, erinnerte Jesus an eine Erfahrung Davids: Verfolgt von Saul hatten er und seine Männer im Haus Gottes Schutz gesucht. Hungrig und völlig entkräftet bat David den Priester Ahimelech, ihm etwas zu essen zu geben. Der Diener des Herrn sah sich dadurch vor eine schwierige Entscheidung gestellt: Einerseits war das Brot, das ihm zur Verfügung stand, heilig, Gott geweiht und nur für die Priester bestimmt. Andererseits stand ein Mann vor ihm, der in großer Not war, Hunger litt und von seinen Widersachern verfolgt wurde. Doch Ahimelech zögerte nicht! Warum? Weil er das Herz Gottes kannte und wusste, dass ihm Barmherzigkeit und Güte wichtiger waren als Opfer. So gab er David von dem Brot und speiste ihn.
Ganz anders hatten die Pharisäer reagiert: Sie verurteilten die Jünger und beschuldigten sie der Übertretung des göttlichen Gebots, weil sie, um ihren Hunger zu stillen, Ähren ausgerissen und gegessen hatten. Und das, obwohl der „Gesetzgeber“, nämlich Jesus, persönlich vor ihnen stand. Obwohl die Ankläger vorgaben, dem Tempel Gottes zu dienen, handelten sie dem Herrn des Tempels zuwider. Und während sie meinten, den Sabbat des Herrn zu ehren, verachteten sie den Herrn des Sabbats.
Gott hatte dem Menschen den Sabbat nicht gegeben, um ihm eine weitere Last und Verpflichtung aufzubürden. Im Gegenteil – er wollte ihn zur Ruhe bringen! Diese Tatsache bestätigt auch der folgende Bericht: Jesus war am Sabbat in einer Synagoge, als er einen Mann sah, dessen Hand verdorrt war. Ihn bat er: „Tritt hervor!“ Doch während Jesus die Not jenes Menschen lindern wollte, lauerten die Pharisäer nur darauf, ob er am Sabbat heilen würde. Daraufhin fragte sie der Herr: „Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun, Leben erhalten oder töten?“ Die Bibel berichtet uns: „Sie aber schwiegen still. Und er sah sie ringsum an mit Zorn und ward betrübt über ihr verstocktes Herz und sprach zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus; und seine Hand wurde gesund.“
Jesus war zornig und traurig, als er die Unbarmherzigkeit der Pharisäer erkannte. Sie erachteten ein Gebot höher als die Not eines Menschen! So aber wurde Gottes Anliegen, den Menschen Gutes zu tun, völlig zunichte gemacht. Nicht mehr seine Liebe stand im Mittelpunkt des Geschehen, nicht seine Barmherzigkeit, sondern Forderungen, die zum Laststein geworden waren. Im Gegensatz dazu hatte Jesus genau das getan, was Gott am Sabbat tun wollte: Leben erhalten!
Dein himmlischer Vater ist heute um dein Wohlbefinden besorgt. Du selbst stehst im Mittelpunkt seines Wirkens. Es ist ihm eine Freude, wenn er dir Gutes tun kann! Und davon wird er nicht ablassen! Dann aber, wenn du Gottes Barmherzigkeit erfahren hast und dir seine Gnade zuteil wurde, solltest du anderen Menschen keine Last auf die Schultern legen, keine Forderungen an sie stellen. Solltest du dich heute dennoch dabei ertappen, so erinnere dich der Worte Jesu: „Gehe hin und lerne, was das heißt: Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.“
Wenn du die Barmherzigkeit und Liebe, die Gott dir durch Christus erwiesen hat, anderen Menschen erweist, dann bringst du ihm das Opfer, das er begehrt! An dieser Erkenntnis hat er Wohlgefallen!
Mt.9,9-13; 12,1-8; Lk.19,7.9-10; Mt.23,4; 1.Sam. 21,1-7; Mk.3,1-6; Lk.11,11-13