„Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse.“ 1.Korinther 4,1
Wer die Evangelien aufmerksam liest, wird feststellen, dass Jesu in seinen Jüngern nicht nur Nachfolger sah, sie waren für ihn auch Haushalter, denen er ein kostbares Gut anvertraute. So sprach der Herr von einem Herrscher, der an zehn seiner Knechte einen hohen Betrag auszahlte, mit denen sie Handel treiben sollten (Lk.19,12-13). In einem anderen Gleichnis waren es mehrere „Zentner Silber“, die ein reicher Mann an seine Untergebenen verteilte, bevor er „außer Landes ging“. Damit verbunden war natürlich die Erwartung eines Gewinns, der erzielt werden sollte (Mt.25,14-15+19). Als Jesus dabei von „Knechten“ sprach, denen ihr Herr „sein Vermögen anvertraute“, hatte er zweifellos seine Jünger vor Augen, denn er wusste, dass er sie schon bald verlassen würde. Vor ihm standen das Kreuz und der Tod, den er für alle schmecken sollte. Nach seiner Auferstehung und Auffahrt zum Vater würde er dann für die, die an ihn glaubten, nicht mehr in leiblicher Gestalt sichtbar sein. Alle aber, die sein Leben empfangen würden, sollten dann das kostbare Gut, das „Vermögen ihres Herrn“, das er ihnen anvertraut hatte, Gewinn bringend einsetzen und mehren. Das war sein Plan.
Auch der Apostel Paulus sah sich als Haushalter, denn er schrieb an die Gläubigen in Korinth: „Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse“. Dann machte er deutlich, was von einem Haushalter erwartet wird. Er sagte: Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden (1.Kor.4,2).
Jesus, unser Herr, erwartet, dass wir im Umgang mit dem uns anvertrauten Gut, Treue beweisen. Zuerst und vor allem sollen wir treu sein in der Wertschätzung für den, der uns einst Mittellose, an seinem unermesslich großen Reichtum teilhaben lässt.
Auch sollen wir treu bleiben in der Wertschätzung für den kostbaren Besitz, den wir empfangen haben und nun verwalten dürfen. Wenn der Herr davon sprach, dass er uns sein Vermögen anvertraut hat, dann bedeutet dies, dass er uns alles geschenkt hat, was er besitzt. Schließlich sind wir „Miterben Christi“ (Röm.8,17). Und weil wir ihn selbst empfangen haben, können wir auch an der ganzen Fülle Anteil haben, die in ihm wohnt (Kol.2,9-10).
Das Vermögen Jesu umfasst aber auch das, was er zu tun vermag – in uns und durch uns –, weshalb Paulus sagen konnte: „Ich vermag alles, durch den, der mich mächtig macht“ (Phil.4,13).
Damit nicht genug empfängt jeder, der Jesus in sein Herz und Leben aufnimmt, auch bestimmte Gaben, die zum Aufbau der Gemeinde genutzt werden sollen. Deshalb werden wir aufgefordert: „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes“ (1.Petr.4,10).
Treue erwartet unser Herr also auch, wenn es darum geht, seinen Reichtum Gewinn bringend einzusetzen – schließlich wird kein Fürst oder Gutsherr sehen wollen, dass sein Vermögen an Wert verliert oder gar verschleudert wird.
Bei jedem Gleichnis, das Jesus in diesem Zusammenhang gab, kam auch immer der Moment zur Sprache, an dem die Knechte Rechenschaft ablegen mussten. Wer treu gewesen war und das ihm Anvertraute gemehrt hatte, wurde belohnt. Wer aber den Besitz seines Herrn vernachlässigt oder gering geachtet hatte, wurde getadelt und stand am Ende mit leeren Händen da.
In einem Gleichnis wurden Diener dafür belohnt, dass sie anderen Menschen „zur rechten Zeit zu essen“ gaben. Demgegenüber wurde ein anderer Verwalter wegen krassen Fehlverhaltens verurteilt. Er hatte angefangen „seine Mitknechte zu schlagen“ und seine Zeit damit verbracht, „mit den Betrunkenen zu essen und zu trinken“ (Mt.24,45-49). Auch ein anderer Bediensteter, von dem Jesus erzählte, erwies sich als unwürdiger Repräsentant seines Herrn, denn anstatt seinen Mitknecht mit Nachsicht zu behandeln, packte er ihn am Hals, würgte ihn und forderte ihn auf, umgehend seine Schulden zu bezahlen, obwohl ihm selbst, kurz zuvor, eine astronomisch hohe Summe erlassen worden war (Mt.18,23-35).
Was also erwartet unser Herr, wenn er uns zu Haushaltern bestimmt? Dass wir anderen Menschen dieselbe Barmherzigkeit erweisen, mit der er uns begegnet. Und anstatt bei unseren Mitmenschen „Schulden“ einzutreiben, indem wir ihnen ihr Fehlverhalten vorhalten, sollen wir ihnen vergeben, wie Christus uns vergeben hat.
Bei einer anderen Gelegenheit sprach Jesus von einem Verwalter, der kurz davor stand, seinen Job zu verlieren. Man beschuldigte ihn, den Besitz seines Herrn verschleudert zu haben. Doch bevor er Rechenschaft ablegte, besuchte er einige Schuldner seines Herrn, um deren Schulden zu reduzieren, ja, bei einem Schuldbrief halbierte er sogar die Verbindlichkeiten.
Seltsamerweise lobte der Herr diesen Verwalter, weil er, obwohl in betrügerischer Absicht, dennoch klug gehandelt hatte. Und Jesus fuhr fort und sagte: „Die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts“ (Lk.16,1+8).
Was war geschehen? Zunächst hatte jener Verwalter zugelassen, dass die Außenstände seines Herrn ins Horrende angewachsen waren. Indem er nun aber die Schuldbriefe änderte und offene Forderungen zum Teil halbierte, schönte er die Bilanz, um so sein eigenes Versagen zu minimieren.
Worin aber kann uns dieser Mann ein Vorbild sein? Sollen wir lernen, wie man trickst, fälscht und ungerecht handelt? Nein! Mit solchen Mitteln können wir die Ziele des Reiches Gottes gewiss nicht unterstützen. Eines aber können wir von ihm lernen: Anstatt tatenlos zuzuschauen, wie die „Schulden“ und „Defizite“ unserer Mitmenschen stetig anwachsen, sollten wir alles daransetzen, damit ihr „Schuldbrief“ getilgt wird. Eine sinnvollere Arbeit gibt es nicht, als anderen zu helfen, in Jesus Christus ihren Retter und Befreier zu erkennen. Dabei dürfen wir nicht nur an Menschen denken, die Jesus noch nicht in ihr Herz und Leben aufgenommen haben. Es gibt auch Kinder Gottes, die ein Eigenleben führen und Jesus nicht wirklich nachfolgen. Das aber führt dazu, dass sie immer wieder in Verstrickungen geraten und einen „Schuldenerlass“ brauchen, den sie ohne geschwisterliche Hilfe aber nicht erlangen können. Wir können zwar niemandes Sünden vergeben, doch wir können für andere „Gehilfen zur Freude“ werden (2.Kor.1,24), indem wir denen, die gestrauchelt sind, helfen, die Vergebung Christi neu zu erkennen und in Anspruch zu nehmen. Diesen Eifer will Jesus bei uns, den Kindern des Lichts, sehen.
Doch auch diese Frage muss uns bewegen: Wie viele Gäste würden wohl zum Festmahl kommen, das Gott, unser Vater, in seiner Liebe bereitet hat, wenn es keine Diener gäbe, die auf den Straßen und Gassen die Bedürftigen einladen? (Lk.14,17+23) Und wie würde es einem „Geschundenen“ ergehen, der unter die Räuber gefallen ist, wenn es keinen „Wirt“ gäbe, der ihn in einer „Herberge“ gesundpflegt und ihm so Gottes Barmherzigkeit erweist? (Lk.10,33-37)
Was könnte Christus, das Haupt, heute ohne die Glieder seines Leibes ausrichten, ohne Menschen, die ihn lieben und das, was sie sind und haben, ihm weihen? Wie könnte unser Herr vollenden, was er sich vorgenommen hat, wenn es keine treuen Diener gäbe, die mit ihm zusammenarbeiten?
Schließlich sollten alle Diener Christi, die treue Haushalter sein wollen, keine falschen Erwartungen hegen. Für ihren Dienst dürfen sie hier und heute keinen Dank und keine Anerkennung erwarten. Auch der Herr selbst dankt seinen Knechten heute nicht, wenn sie seine „Schafe geweidet“ oder sein „Feld gepflügt“ haben (Lk.17,9). Dann aber, wenn unser Herr in Herrlichkeit erscheinen wird, wird er sogar diejenigen belohnen, die einem Durstigen, „deshalb, weil er Christus angehörte“, einen Becher Wasser zu trinken gaben (Mk.9,41).
Wir können nicht ermessen, wie groß die Belohnung ist, die der Herr denen geben wird, die ihm treu gedient haben. Denn wer von uns kann auch nur erahnen, was es bedeutet, im Tausendjährigen Friedensreich Christi Vollmacht zu haben über fünf oder sogar über zehn Städte? (Lk.19,17-19) Wir haben auch keine Vorstellung davon, was es heißt, dass der Herr seine treuen Verwalter „über alle seine Güter setzten“ wird (Mt.24,47).
Kein Diener Christi wird sich dann noch der vielfältigen Bedrängnisse erinnern, die er im Dienst für seinen Herrn erdulden musste. Auch eigenes Versagen, Schwachheiten, Enttäuschungen, Stunden des Weinens und der Entmutigung werden dann vergessen sein.
Wir werden Jesus sagen hören: „Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!“ (Mt.25,21)