Damals, als Johannes in der Verbannung auf der Insel Patmos war, offenbarte sich ihm Jesus. Er, der „mitten unter den sieben goldenen Leuchtern wandelt“, gebot seinem Diener alles aufzuschreiben, was er sah und hörte, um es den sieben Gemeinden in Kleinasien zu übersenden.

 

Wenn man diese Sendschreiben sorgsam liest, wird man feststellen, dass keine Gemeinde mit der anderen zu vergleichen ist. Jeder Gemeinde stellt sich der Herr anders vor. Jede Gemeinde hat ihre eigene Prägung und Besonderheit, jede Gemeinde offenbart persönliche Stärken und Schwächen. Deshalb lobt oder tadelt der Herr auch jede Gemeinde in einer besonderen, einzigartigen Weise.

 

Es fällt auf, dass die meisten Gemeinden ihren wahren Zustand nicht erkannt haben. So erweist sich die Gemeinde zu Ephesus als eine überaus aktive Gemeinde, in der es keinen Stillstand zu geben scheint. In ihrem Bestreben, die Gemeinde voranzubringen, scheuen die Gläubigen keine Mühe. Und doch ist all jenen, die geduldig Lasten tragen und darauf achten, falsche Lehren von der Gemeinde fernzuhalten, das Kostbarste abhandengekommen, das eine Gemeinde besitzt: die innige Liebe zu Jesus. Das aber scheint kaum jemand erkannt zu haben.

 

Die Gemeinde zu Smyrna sieht sich satanischen Angriffen ausgesetzt. Einige Gläubige werden sogar ins Gefängnis geworfen. Doch obwohl sich die Gemeinde schwach und arm wähnt, ist sie überaus reich. Für Jesus gar eine gekrönte Gemeinde und in einen königlichen Stand erhoben.

 

Auch in der Gemeinde zu Sardes unterliegt man einer Fehleinschätzung, denn hier erhebt man den Anspruch, eine sehr lebendige Gemeinde zu sein. Und doch ist das wahre Leben nicht da! „Werde wach und stärke das andere, was sterben will,“ lautet daher die Aufforderung Jesu.

 

Und wie steht es um die Gemeinde zu Laodizea? Hier ist man meilenweit von dem entfernt, was man zu sein glaubt. „Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß.“ Kann es eine noch größere Fehleinschätzung geben? Sicherlich nicht!

 

Aber auch in Philadelphia wissen die Gläubigen nicht, wie der Herr die Gemeinde beurteilt. Denn hier klopft man sich nicht selbstgefällig auf die Schultern, wähnt sich nicht schon vollendet. Hier ist man nicht der Ansicht, schon alles erkannt und ergriffen zu haben, was Christus den Gliedern seines Leibes an Segnungen zugedacht hat. Ja, die Gläubigen verfügen nur über eine kleine Kraft, doch sie reicht aus, um an dem errettenden Namen Jesu, seinem lebendigen Wort und an der brüderlichen Liebe festzuhalten. Daher gibt es in Philadelphia eine Tür, die weit offen steht – eine, die niemand zuschließen kann.

 

Nachdem Jesus jede Gemeinde angesprochen und ihren wahren Zustand offenbart hat, spricht er zu denen, die Ohren haben, „zu hören, was der Geist der Gemeinde sagt.“ Der Herr redet zu Überwindern! Er will all jene ermutigen und stärken, die an dem Ort, an dem sie leben und in der Gemeinde, in die sie hineingestellt wurden, unter dem gegenwärtigen Niedergang leiden. Sie sollen überwinden, was sie davon abhalten will, Christus zu gewinnen und noch inniger mit ihm vertraut zu werden. Sie sollen überwinden, was dem Plan Gottes nicht förderlich ist. Sie sollen überwinden, womit der Feind und Widersacher Gottes die Gemeinde Jesu zu Fall zu bringen versucht. Und da jede Gemeinde ihre ganz eigene Geschichte hat, sind auch die Dinge, die es zu überwinden gilt, sehr unterschiedlich.

 

Wir alle stehen täglich in der Gefahr, weltlichen Einflüssen und menschlichen Vernunftschlüssen in unserem Herzen Raum zu geben. Und wenn immer dies geschieht, öffnen wir diesen Einflüssen auch die Tür in die Gemeinde. Deshalb ermahnte der Apostel Paulus die Ältesten der Gemeinde zu Ephesus: „So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist gesetzt hat, zu weiden die Gemeinde Gottes, die er durch sein eigenes Blut erworben hat.“

 

Was aber sollen wir tun, wenn die Herde Christi nicht mehr zu ihrem Besten geweidet wird? Wenn anstelle des Guten Hirten plötzlich andere Dinge wichtiger werden?

 

Jeder Gläubige ist mit verantwortlich, wenn es um den Bau der Gemeinde Christi geht – nicht nur die Ältesten der Gemeinde. Wir sind Glieder eines Leibes, und einer ist des andern Glied. Leidet jemand, so leiden wir alle; wird jemand erhoben, werden wir alle geehrt. Hat jemand Mangel, fehlt uns allen etwas. Erkennt jemand den Herrn, bringt es uns allen Errettung. Wird jemand von Gott getröstet, fließt sein Trost auch zu uns. Genießt jemand die Fülle Christi, haben wir alle daran teil. Lobt jemand den Herrn, so ist es unser gemeinsames Räucherwerk, das zum Thron Gottes aufsteigt. Und wenn jemand den Herrn mit kostbarem „Nardenöl“ salbt, wird das ganze Haus mit Wohlgeruch erfüllt.

 

Kein Glied des Leibes Christi lebt sich selber! Daher sind wir auch alle gerufen, zu überwinden, was die Gemeinde angreift und uns von Jesus wegführen will.

 

Es ist einfacher, eine Gemeinde zu verlassen, als mitten darin ein Überwinder zu sein! Es ist einfacher, das Fehlverhalten anderer zu kritisieren, als zum Herrn zu kommen, um von ihm Stärkung und Ermutigung zu empfangen.

 

Was empfiehlt uns der Herr, wenn wir jemand hungrig sehen? Was sollen wir tun, wenn wir Mangel in der Gemeinde erkennen? Er sagt: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entziehe dich nicht deinem Fleisch und Blut. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreien wirst, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Finger zeugst und nicht übel redest, sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. Und durch dich wird wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: ‚Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne’.“

 

Danach sehnen wir uns alle: nach einer klaren Führung des Herrn; danach, dass er auf unsere Gebete antwortet; nach innerer Heilung und Offenbarung der Herrlichkeit Christi. Wer von uns möchte nicht sein „wie ein bewässerter Garten, dem es nie an Wasser fehlt“?

 

Mit Fingern zu zeigen und den Mangel zu kritisieren, ist nicht schwer. Wer aber ist bereit, das, was fehlt, einzubringen? Wer aber ist bereit, sein Herz finden zu lassen? Wer ist bereit zu geben, was er hat? Wer speist? Wer tränkt? Wer kleidet? Wer führt ins Haus, in die Geborgenheit der Liebe Christi?

 

Lücken aufreißen, kann jeder. Wer aber wird sie zumauern? Schnell ist einen Weg verlassen, der voller Schlaglöcher ist. Doch wer wird ihn ausbessern, damit er wieder begehbar wird?

 

Das vermag nur ein Überwinder!

 

Wer sollte dich kritisieren dürfen, wenn du Hungrige mit dem Brot des Lebens speist? Wer sollte dir widerstehen können, wenn du die Verzagten ermutigst, die Traurigen tröstest und die Füße der Verirrten auf den Weg des Lebens lenkst? Und sollte dich jemand tatsächlich tadeln, wenn du dein Herz finden lässt, nicht übel redest und nicht mit Fingern zeigst?

 

Und während du dich um die Belange Jesu kümmerst, wird er sich um deine Belange kümmern. Er wird dich in der Dürre sättigen und dich stärken. Jedem, der ein Überwinder sein will, wird er auch mit einer Überwinderspeise dienen. So verheißt er: „Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baum des Lebens! ... dem will ich geben von dem verborgenen Manna ... den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes ... dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.

 

Es genügt nicht, wenn wir den geistlichen Zustand unserer Gemeinde, sowie die Krisen und Auseinandersetzungen darin nur beklagen oder kritisieren. Der Herr sucht Überwinder!

 

Überwinde zusammen mit ihm, was er schon längst überwunden hat! Ist Gott für dich, wer kann wider dich sein? Damit du ein Überwinder sein kannst, hat er dir mit Christus alles geschenkt!

 

Offb.1,9.11.17-19; 2,2-4.9-10; 3,1-2.17.8; Apg.20,28; Röm.12,11-18; 1.Kor.12,26; Eph.4,16; Jes.58,7-12; Offb.2,7.17; 3,12.21; Röm.8,31-32

 
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